:keramische kommunikation
30x30 cm, reinweiss, glasglatt, völlig regelmässig, dazwischen
hellgraue fugen von vielleicht 1 cm breite - so zergliedern sie die
endlose fläche zu einer absurden ordnung. so weit man blicken kann:
nur endlose reihen von bodenfliessen, in allen vier richtungen. eine
völlig makellose ebene weisser quadrate bis zum horizont. und dahinter:
immer nur weitere fliessen in unendlicher, unerbittlicher folge.
der irritierte wunsch nach irgend einer orientierungsmöglichkeit
weckt in mir die vollständig sinnlose frage, ob die verlegung dieser
fliessen exakt den vier himmelsrichtungen folgt. als mir bewusst wird,
wie belanglos die entsprechende antwort für meine aktuelle situation
wäre, wünsche ich mir umso mehr einen kompass, um mir dieses
un-wissen verschaffen zu können.
was macht man in einer situation, in der man einzig sich selbst hat,
mit abermillionen bodenfliessen? auf einem bein von einer zur nächsten
zu springen, entpuppt sich als ziemlich unbefriedigend, da es keinerlei
begrenzung gibt, keinen start- oder zielpunkt. hier, in der eiskalten
freiheit einer unendlichen ebene, wird deutlich, dass sinnvolles handeln
nur unter den rahmenbedingungen einer vorgegebenen begrenztheit möglich
ist - und sei es, um diese grenzen zu sprengen. in der grenzenlosigkeit
wird jede handlung willkürlich, austauschbar wie jede dieser völlig
identischen fliessen, die dort liegen wie leeres gerede. hohle worte
von 30x30 cm kantenlänge, aneinandergereiht zu phrasen, die keinerlei
orientierung bieten, egal in welche richtung sie verlaufen. grau verfugtes,
inhaltsloses geschwätz, das seine sinnlosigkeit hinter der fassade
eines dogmatischen und penibel gleichmässigen rasters zu verbergen
versucht.
jeden tag begegnet man ihnen, diesen glatten, weissen, kleinformatigen
floskeln und akkumuliert sie unbewusst. und plötzlich hüpft
man auf einem bein durch diese unendliche ebene von keramischem smalltalk.
|
|