:visuelle kommunikation
kennen sie das?
sie treffen jemanden. irgendwann, irgendwo. ganz zufällig und unerwartet
steht er da.
oder sie.
eine person, der sie nie zuvor begegnet sind.
ein gut bekannter fremder...
sie kennen ihn. nicht seine geschichte, nicht seinen namen, seine herkunft
oder diese etwas umständliche eigenart, stets schon die beine verschränkt
zu halten, bevor er sich auf einem stuhl niederlässt. nein,
es sind seine augen, die sie erkennen: dieser ganz spezielle blick,
der ihnen spontan signalisiert, dass sie sich nicht zufällig begegnet
sind. sie mussten sich über den weg laufen, früher oder später.
als stünde es ihnen auf der stirn geschrieben - sie finden sich
immer und immer wieder, gegenseitig: die nonkonformisten, die unlinearen
querdenker, die heimlichen visionäre, die tabulosen moralisten,
die zynischen romantiker, die notorisch unbequemen. sie finden sich
und erkennen sich wortlos. sie treffen sich wie wanderer auf der oberfläche
einer zweidimensionalen konzeptwelt. und der erste blick, den sie tauschen,
ist wie die landkarte des zurückgelegten weges, der sie heute an
diesem treffpunkt zusammengeführt hat.
die kommunikationstheorie geht davon aus, dass lediglich 15% der ausgetauschten
informationen durch worte vermittelt werden, dagegen aber über
50% allein schon durch die körpersprache. aber hier, in unserem
fall, entsteht eine kommunikation, die zu 100% nonverbal abläuft.
die beiden beginnen miteinander zu reden. sie hören dem anderen
aufmerksam zu und halten es dabei nicht für ausgeschlossen, dass
kaum die hälfte der erzählungen des anderen stimmt. nicht,
dass sie ihrem gegenüber unaufrichtigkeit unterstellten - es ist
lediglich eine mögliche (und damit legitim denkbare) perspektive.
eine frage dessen, ob ihre kommunikation lediglich die gewohnte zweidimensionalität
ihrer umgebung widerspiegelt, oder ob sie darüber stattfindet,
auf augenhöhe.
auf blickhöhe.
es geht in diesem augenblick nicht um worte - die wahren informationsträger
sind die intuitiv erfassten zwischentöne ihrer erzählung,
die leerzeichen zwischen zwei absätzen.
die interpunktion ihrer emotionalität.
und immer wieder frage ich mich, was es denn wohl ist, dieses besondere,
das jene augen-blicke zweifelsfrei identifizierbar macht - und worin
sie sich denn von den anderen blicken unterscheiden.
und dann begegne ich ihm wieder, diesem blick eines vertrauten unbekannten.
unerwartet, zufällig.
irgendwann, irgendwo -
kennen sie das auch?
dann werden wir uns sicherlich irgendwann einmal begegnen.
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